Die Journalistin Cynthia Bonsant ist eine Frau vom alten Schlag. Smartphone, Glasses oder Crowd sind für sie Begriffe aus einem Paralleluniversum und die Internetaktivitäten ihrer pubertierenden Tochter Viola beäugt sie mehr als kritisch.
Als eine Aktivistengruppe namens Zero, die sich gegen Totalausspähung stark macht, in einer Aktion den amerikanischen Präsidenten bloßstellt, um aufzurütteln, wie leicht Überwachung möglich ist, schrillen auch beim Londoner Daily, für den Cynthia arbeitet, alle Glocken und man wittert die große Story. Cynthia soll die Geschichte um Zero recherchieren und darüber berichten. Währenddessen sieht man bei Freemee, dem Datensammel-Markführer, die Chance, aufgrund der Suche nach Zero sich selbst ins beste Licht zu rücken und mittels einer inszenierten Jagd auf Zero neue Nutzer zu gewinnen. Cynthia wird zur unfreiwilligen Jägerin auf die Köpfe von Zero und gerät zunehmend zwischen die digitalen Fronten eines gigantischen Cyberkrieges, der sie in höchste Gefahren bringt.
Wie futuristisch ist diese Vorstellung?
Der gebürtige Österreicher Mark Elsberg ist im literarischen Feld schon lange kein Unbekannter mehr, nachdem ihm 2012 mit dem Technik-Thriller Blackout – Morgen ist es zu spät (Blanvalet) der große Durchbruch gelang. Seine Liebe zu hochaktuellen, technikaffinen Themen scheint ihm im Blut zu liegen und so überrascht es keineswegs, daß er auch mit seinem neuen Werk Zero. Sie wissen, was du tust (Blanvalet) den Finger auf Probleme unserer Gegenwart legt. Thema: Internet, New Technology, Big Data und Überwachung. Und der moderne Mensch im Umgang mit seinen eigenen Kreationen.
»Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Datenkraken zerschlagen werden müssen.« Das sind Zeros Worte am Ende jedes Videos, das sie onlinestellen, um auf Mißstände im digitalen Umgang hinzuweisen. Und sie lassen nichts unversucht, um genau dieses Ziel zu erreichen. Ihnen gegenüber steht der riesige Datenkrake Freemee, der mit seinem Programm den Menschen eine Unterstützung in Lebensfragen sein will. Und nebenbei noch seine eigenen Experimente in Punkto Manipulation der Nutzer macht.
Das Besondere an diesem Buch ist seine hohe Aktualität. Für den Otto-Normal-Leser werden viele der benannten Techniken noch wie Zukunftsmusik klingen, dabei sind sie schon lange im Einsatz. Möglichkeiten zur monetären Verwertung der eigenen, gesammelten Daten gibt es schon zuhauf in digitalen Leben, Algorithmen zur Vorausbestimmung menschlichen Verhaltens sind feste Bestandteile vieler Internetplattformen und der Cyberkrieg ist in vollem Gange.
Elsberg zeigt hier einmal mehr, daß er auf diesen hochaktuellen Gebieten bewandert ist und daß er ebenfalls in der Lage ist, die Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen, um ein bloßes Schwarz-Weiß/Gut-Böse-Denken zu vermeiden. Denn man bekommt zwar deutlich die Gefahren der Nutzung der neuen Medien vorgeführt und wird auch zur sinnvollen und verantwortungsvollen Nutzung ermahnt, aber Vorteile werden nicht aus Ignoranz oder dramaturgischen Gründen unter den Tisch fallen gelassen. So will dieses Buch auch keine positivistische Utopie oder schwarzmalende Dystopie werden, sondern ein Abbild der Gegenwart mit einem Blick in die Zukunft geben. Und das gelingt auf ganzer Linie.
Die Geschichte hat Hand und Fuß und ist dramaturgisch klug aufgebaut. Die Verfolgungssequenzen sind spannend und zum echten Mitfiebern gemacht, die ruhigen Episoden sind durchzogen von gehaltvollen Diskussionen und dem Abwägen der Vor- und Nachteile. Schön gezeichnete Figuren runden das Bild noch ab, auch wen die Konstellation »Mutter, die keine Ahnung von Technik hat« und »Tochter, die total technikaffin ist« etwas stereotyp daherkommt. Jeder der Charaktere hat seine eigene Art und trägt auf ihre Weise zum Geschehen bei. Einzig die Liebesbeziehung von Cynthia zu dem ihr an die Seite gestellten Informatiker ist manchmal etwas zuviel des Guten und findet nicht immer einen sinnvollen Platz in der Geschichte.
Aber sonst war das eine Geschichte eine der besten in letzter Zeit: spannend, nachdenklich, aktuell und stellenweise auch brisante Themen aufgreifend. Dieses Buch kann dem Leser durchaus ein stückweit die Augen öffnen und ihn zu einem bewußteren Umgang mit den digitalen Medien bewegen. Denn sie sind in den falschen Händen durchaus eine Gefahr. Und in den richtigen ein Segen für die Menschheit. Es kommt nur darauf an, wer es nutzt.
Ich danke blanvalet für die Zusendung des Rezensionsexemplares und BloggDeinBuch für die Vermittlung.
Live. Love. Be. Believe.
Eure Shaakai