»Gewürze. Auswählen – Kombinieren – Schmecken« von Lior Lev Sercarz

Buchbesprechung., Die Welt der Bücher.

Man muß es einfach in der Küche haben: ein gut gefülltes Gewürzregal. Gewürze sind das, was unseren Speisen erst wirklich Leben einhaucht. Umso wichtiger ist es also, einen guten und fundierten Überblick über die diversen Würzmittel, die unsere Erde so für uns bereithält, zu besitzen – es gibt dann nämlich doch mehr als das obligatorische Salz und Pfeffer.

Lior Lev Sercarz ist Koch und kennt sich in der Welt der Gewürze gut aus; so gut, daß er sein gesammeltes Wissen in einem großformatigen Buch vereinen kann, in dem man nicht nur Tipps zur Herstellung diverser Gewürzmischungen oder zum Rösten und Aufbewahren von Gewürzen findet, sondern eben auch über 100 doppelseitige Vorstellungen verschiedenster Gewürze, von denen der Großteil der Leser sicherlich noch nicht oder nicht in dem Umfange gehört haben wird.
Jede Doppelseite enthält zuerst eine botanische Zeichnung der Gewürzpflanze und eine Fotografie der (zumeist getrockneten) Gewürzfrucht nebst hergestelltem Gewürz, sodaß man zuerst einmal eine optische Vorstellung erhält. Weitere Informationen zu Geschmack, Herkunft, Ernstesaison, Verwendungszweck und einige wissenswerte Fakten zum Gewürz sind dann im Text zu finden, wobei Tipps (Harmonien mit anderen Gewürzen, Gewürzmischungen und Rezeptideen) das Bild abrunden.

Dieses Buch kann man durchaus als ein Standardwerk für den Hobbykoch nennen, aber um es in der Küche, beim Kochen, zu verwenden, ist es dann doch zu schade – und auch zu unhandlich, liegen doch hier gefühlt mehr als zwei Kilogramm Buch in der Hand.
»Gewürze. Auswählen – Kombinieren – Schmecken« ist dann doch eher ein Buch zum Schmökern und zum Anlesen von Wissen, das man dann später in der Küche umsetzen kann. In seiner Bildsprache ist es klar und kommt ohne viele Verzierungen aus, ja, es lebt geradezu von den vielen weißen Flächen, um die es schade wäre, würden Fettflecken oder Speisereste sie verkleben. Im Ganzen ist das Buch eher auf Schlichtheit ausgelegt, ohne billig zu wirken. Das Papier ist fest und dick, aber rau und ohne Glättung oder ohne Strich, die Fotos glänzen nicht, wie man es normalerweise gerade bei Kochbüchern erwartet, die Farben wirken matt. Doch genau das macht hier den Reiz aus, da es so ein wenig antiquiert und doch hochwertig wirkt. Die Komposition von Bild und Text ist gelungen, der Leser findet immer genau das, was er sucht.

Daß bei der vorhandenen Gewürz- und Kräutervielfalt nicht jedes seinen Platz im Buch finden kann, ist einleuchtend, wenngleich bedauerlich (so ist zum Beispiel der gute alte Kerbel und die beliebte Petersilie nicht aufgeführt), doch man konzentrierte sich bei der Auswahl wohl vorallem auf unbekannte, spezielle und besonders aromatische Kräuter – denn wer nutzt schon Asant oder Hibiskusblüten in seiner heimischen Küche?
Und so gelingt es Sercarz, Lust auf mehr Gewürze in der Küche zu machen. Seine Motivation überträgt er in einer wunderbaren Weise in seine Texte und der Leser fühlt sich mitgerissen von der schönen Gestaltung und den zahlreichen Ideen für neuartige Gewürzmischungen und Rezepte.

Wer schon immer ein Interesse für neue Kreationen in der Küche hatte, für den ist dieses Buch eine lohnenswerte Anschaffung.

Ich danke DVA (Randomhouse) für die Zusendung des Rezensionsexemplars.

Live. Love. Be. Believe.

Eure Shaakai.

»Französisch kochen mit Aurélie« von Aurélie Bastian

Buchbesprechung., Die Welt der Bücher.

Leben wie ein Gott in Frankreich – wie ginge das besser als mit der guten französischen Küche? Wenn das noch warme Baguette auf dem Holzbrettchen liegt, während man die Zwiebelsuppe anrichtet und den Quiche aus dem Ofen holt.

Die geborene Französin Aurélie Bastian versucht uns seit über sieben Jahren mit ihrem mittlerweile sehr berühmt gewordenem Blog franzoesischkochen.de uns die vielfältige Welt der französischem Küche näherzubringen. Dabei scheinen die Möglichkeiten, ein französisch angehauchtes Mahl zu bereiten, gar nicht auszugehen und immer noch wird Bastian nicht müde, schöne Rezeptideen zu veröffentlichen.

Im Bassermann Verlag ist 2015 das Kochbuch »Französisch kochen mit Aurélie« von Aurélie Bastians erschienen, in dem sie mit uns ihrer besten Rezepte und Erfahrungen sowie Ratschläge teilen möchte. Geworden ist daraus ein für heutige Kochbücher doch schon ungewöhnlich großes, festeingebundenes Buch, das man so oft gar nicht mehr im Küchenbereich antrifft.
Kaum hat man den großen Buchdeckel umgeschlagen, betrachtet man erste ganzseitige Aufnahmen schön angericheter Speisen und stößt wenige Seiten darauf auf der inhaltsverzeichnis und erkennt: Hier ist für jeden was dabei. Vorspeisen und kleine Gerichte, Fisch und Fleisch landen ebenso auf dem Teller wie gutes Gemüse und als Abschluß des Menüs gibt es ein Dessert.

Den meisten Rezepten werden eine Doppelseite gewidmet, wobei auf der einen Seite die Anleitung steht, die mit einem Bild illustriert wird, das entweder das fertige Gericht oder die Zubereitung abbildet. So wie auf ihrem Blog zeichnet sich Aurélie Bastian auch für die Bilder im Kochbuch verantwortlich und man kann Bastian ein fotografisches Auge und das Talent für das Arrangement nicht absprechen.

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Ein Baguette gebacken nach der Anleitung Aurélie Bastians.

Jede Rezeptseite ist ähnlich aufgebaut. Zuerst ist der französische Name des Gerichtes und dessen deutsche Übersetzung zu lesen, dann folgt ein mehr oder weniger kurzer Text, in dem Bastian ihre persönliche Verbindung zu dem Gericht schildert, so wie man es auch aus ihrem Blog kennt. Anschließend folgen die textliche Anleitung sowie, linkerhand angeordnet, die Zutatenliste. Manchmal wird am Ende auch noch ein kleiner kulinarischer Tip gegeben.
Aberundet wird das Buch abschließend mit einigen Tricks und Informationen rund um die französische Küche, ein kleines Lexikon der gebräuchlichsten Begriffe sowie Übersichtstabellen zur Gar- und Bratzeit unterschiedlicher Fleischsorten beispielsweise finden sich auch noch im Anhang.

Daß erfolgreiche Blogger die Möglichkeit erhalten, ein Buch zu publizieren, ist keine Seltenheit mehr (wie Frau Freitag bewies) und so reiht sich Aurélie Bastian in eine Reihe anderer Bücher ein, die ihren Ursprung in Netzpublikationen haben. Ausländische Küchen haben schon immer einen großen Reiz ausgelöst und demensprechend beliebt sind gut aufgemachte und informative Kochbücher dazu. Da trifft es sich natürlich gut, daß Aurélie Bastian, eine geborene Französin, sich bestens mit der Materie auskennt und es auf ihre eigene, sehr liebenswürdige und nahbare Art dem Leser nahebringt.

»In Frankreich lieben wir diesen [Hachis Parmentier] Auflauf. Es ist ein typisches Familienessen. Heutzutage als Maman bereite ich es selbstverständlich auch zu. Ich habe es (wie alle französischen Mamans) als Geheimwaffe entdeckt. Man kann eigentlich fast alle unbeliebten Gemüse darin verstecken und es schmeckt immer himmlisch. Also wenn wir Besuch von kleinen Kindern haben, die zum Beispiel keine (AUF KEINEN FALL!) Zucchini essen, reibe ich einfach eine ganze Zucchini in die Pfanne und brate sie mit dem Hackfleisch! Und Abracadabra! Versteckt! Die Kinder haben es bis jetzt immer gegessen und geschworen, dass ihre Mama nicht so gut kochen kann.« (S. 112)

Dieser Ton ist nicht der eines Fünf-Sterne-Kochs, sondern der einer bodenständigen, lebenslustigen Frau, die das Kochen für ihre Familie einfach liebt und genau diesen Enthusiasmus weitergeben möchte. Und daß sie das schafft, beweisen nicht nur ihr Blog und ihre TV-Sendungen sondern auch eben dieses Buch. Man blättert gern darin und entdeckt auch, daß viele der Speisen gar nicht so aufwendig in der Zubereitung sind, wie sie scheinen und daß die französische Küche mehr umfaßt als nur Käseteller und Mousse au chocolate.
Dem kommt das große Format sehr entgegen, was dazu einlädt, sich gemütlich hinzusetzen und das Buch durchzublättern und sich die großen Abbildungen genauer zu besehen und sich an der doch recht gelungenen Typographie zu erfreuen, die die Seiten mit farblichen Akzenten und schönen Typen verschönert. Als reines »Küchenbuch« scheint es mir aber dann doch gerade aufgrund des Gewichtes und der Größe ungeeignet, würde es doch ständig im Weg liegen und Gefahr laufen, schmutzig zu werden. Auch ich hatte es immer auf einem anderen Tisch liegen und lief bei jedem neuen Arbeitsschritt zu diesem, um einen Blick auf das Rezept werfen zu können.

Mit einem nicht ganz so lobenden Wort muß ich aber die Druckqualität erwähnen. Gerade in Zeiten, in denen die wenigsten Menschen Kochbücher noch zum Zwecke der direkten Nutzbarkeit in der Küche kaufen und viele Kochbücher eher zu exotischen Coffee Table Books werden, die man herumreichen kann und mit denen man zeigt, daß man nicht nur kulinarisches Interesse sondern auch Sinn für schöne Bücher besitzt, erscheint es doch geradezu essentiell, daß auch die Kochbücher jeden Sinn ansprechen.
Und gerade bei den Bildern ist das hier nicht so gut gelungen, wie man das aus anderen, modernen Kochbüchern mittlerweile gewohnt ist. Manchmal wirken sie matt und kontrastarm und erinnerten doch so bißchen an die Kochbücher der 90er Jahre. Auch daß anscheinend nicht alle Bilder an die Maße der Seiten angepaßt waren, fiel unschön ins Auge, wenn man bemerkte, daß gerade bei dem Bildern auf Doppelseiten diese nicht bis in den Falz gedruckt waren.
Ich habe das Buch auch Verwandten und Freunden gezeigt und alle waren sich einig, daß es zwar ein schönes Buch sei und sie daraus auch das eine oder andere Gericht gern mal kochen würden, allerdings würden sie für dieses Kochbuch keine 19,99 Euro ausgeben.

Ich kann den Preis verstehen und finde ihn angesichts des vorliegenden Buches auch nicht sehr ungerechtfertigt, allein schon der Materialien wegen, doch auch ich würde mich in den Tenor einreihen und einige Gedanken darauf verschwenden, ob ich für dieses Buch wirklich fast zwanzig Euro bezahlen würde. Die Gerichte sind gut beschrieben und sind leicht nachkochbar, die äußere und innere Aufmachung sprechen von Geschmack und versuchen sich ein bißchen an die leichtefüßige, verspielte Gestaltung ihres Blogs anzupassen und doch sind die Mängel gerade beim Druck für mich ein Ärgernis bei einem Kochbuch, das (gerade) nicht nur Hilfswerk des Kochs sein will, sondern ästhetisches Kunstwerk; das bewundert werden will, dessen schöne Bilder man sich wie Fotografien exotischer Plätze anschaut und dabei das Bedürfnis empfindet, genau das auch erleben zu wollen.

Ich danke Bassermann (Randomhouse) für die Zusendung des Rezensionsexemplares.

Live. Love. Be. Believe.

Eure Shaakai.

» Esskultur und Lebensstil. Medienanalyse ausgewählter Kochsendungen im Fernsehen« von Henrike Hegner

Buchbesprechung., Die Welt der Bücher.

Gesellschaftskrieg, ausgetragen am Herd. Unbewußt partizipieren wir alle an diesem Kampf um soziale Ränge und das Statussymbol Küche, doch inwieweit das geschieht, ist nicht allen klar.

Die Analyse des Küchenstils und der Eßkultur und Deutschland versucht Henrike Hegner in ihrem 2015  erschienen Buch »Eßkultur und Lebensstil. Medienanalyse ausgewählter Kochsendungen im Fernsehen« vorzunehmen. Nach dem ersten Teil ihrer Arbeit, der sich vor allem der sozialwissenschaftlichen Theorien widmet und Grundsteine für den folgenden Teil vorbereiten soll, legt der Hauptteil den Fokus auf die Medienanalyse der beiden Kochsendungen »Schmeckt nicht, gibt’s nicht« von Tim Mälzer und »alfredissimo« von Alfred Biolek. Mittels dieser werden bestimmte wiederkehrende und wichtige Aspekte wie der Gebrauch des Weines, die Würzung oder die Gesprächsthemen näher betrachtet und in Zusammenhang zueinander gestellt.

Es sind nur knapp einhundertdreißig Seiten, die die Ausarbeitung füllt, aber sie sind zumeist mit geballtem Inhalt angereichert, der wissens- und lesenswert ist. Hegner kann durchaus den Leser recht leichtfüßig durch den Text führen und ihn mit netten Spitzen amüsieren. Ihre Wertungen des Geschehens verlieren dementsprechend aber immer wieder an Wissenschaftlichkeit und geraten unterhaltend. Man bekommt bei der Lektüre das Gefühl, hier wurde eine Hausarbeit etwas ausgeweitet und um Materialien angereichert, dabei aber für die Unterhaltsamkeit willen ihren wissenschaftlichen Duktus einbüßen mußte. Dabei ist gerade der Theorieteil die Stärke und sehr informativ, in dem Theorien bekannter Sozialwissenschaftler wie Pierre Bourdieu, Norbert Elias und Claude Lévi-Strauss einfach und verständlich vorgestellt werden und der Leser somit optimal und umfassend auf das Thema vorbereitet wird. Leider fällt die Qualität nach diesem Part sukzessive ab und mit fortschreitender Analyse wirkt es auf den Leser so, als würde die Autorin selbst das Interesse verlieren und sich nur noch auf bekannte, bereits erwähnte Punkte ihrer Ausarbeitung stützen, die sie manchmal bis zur Unerträglichkeit ausdehnt, als würde sie davon ausgehen, der Rezipient habe es immer noch nicht verstanden. Beliebtes Opfer dieser Längen findet sie im Vorspann und Logo von Tim Mälzers Kochshow, die sie immer wieder heranzieht, wenn es um den brachialen, rohen Stil geht, der »wieder Assoziationen zu seinem Kochtopf-Logo« (S. 77) gebe.

Hegner kann sich nicht immer etwas flapsiger, wertender Kommentare enthalten, die hin und wieder befremdlich wirken, wenngleich sie damit eher unterhalten will und den etwas trockenen Stoff auflockern sucht.  Doch das hat das Thema per se nicht nötig. Weder wird übertheoretisiert noch ein Thema behandelt, daß nur einen kleinen Kreis interessieren dürfte. Beide besprochenen Kochshows dürfte in der Populärkultur bekannt sein und auch wenn nicht jeder Mälzers oder Bioleks Kochkünste mit freudigem Interesse Woche für Woche verfolgte, ist der Grundgedanke der Shows bereits so bekannt geworden, daß man es niemandem näher erläutern müßte. Da interessiert der direkte Vergleich der beiden Sendungen anhand so kleiner, aber als distinktiv wahrgenommener Elemente wie des Weins doch deutlich mehr. Man kann Hegner auch nicht vorwerfen, da nicht einen guten, umfangreichen Fragenkatalog abgearbeitet zu haben – diesen kann man auch im umfangreichen Anhang nachlesen. Dieser Teil ist, abgesehen von den langwierigen Passagen, interessant und schnell zu lesen, bietet aber wenig Neues, stellt jedoch Zusammenhänge oder Differenzen gut heraus, sodaß beide Shows vergleichbar werden.

Zum Abschluß findet sie noch Worte zum soziologischen Aspekt ihrer Abhandlung, indem sie dem Leser das Sinus-Modell, das grafisch die Nutzergruppen beider Fernsehshows darstellt, vorstellt. Es sind wenig überraschende Ergebnisse, aber ein runder Abschluß, der ihrer Analyse nochmals untermauert. Eine Vertiefung eben dieses Aspektes wäre aber sicherlich noch wünschenswert gewesen, da sie die Deskriptionen noch einmal dezidiert um diesen Aspekt erweitert hätten.

Aber auch so bleibt Hegners Mediananalyse lesenswert. Trotz des wissenschaftlichen Anspruches ist es für Laien verständlich, was besonders einem anschaulichen Theorieteil zu verdanken ist. Dagegen fallen Ausdrucksschwierigkeiten und inhaltliche Dehnungen negativ ins lesende Auge und man meint, daß anstelle des zehnten Verweises auf das explosive Logo eines umherwuselnden Proletenkochs doch noch einmal genauer auf die Sprache hätte eingegangen werden können oder eine Einordnung beider Sendung in die deutsche Medienlandschaft hätte stattfinden können.

Ich danke dem Tectum Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplares.

 

Liev. Love. Be. Believe.

Eure Shaakai.